Beflügelt von der erfolgreichen Seereise überlegen Sie nach Ihrer Rückkehr, wie Sie noch mehr Passagiere glücklich machen können. Vielleicht möchten Sie auch weitere Reisen anbieten und womöglich auch entlegenere Ziele ansteuern. Oder aber die Flotte erweitern und Mannschaft verstärken, und suchen deswegen nach neuen Finanzquellen.
Entsprechend könnte das bei Ihrem Projekt sein. Wenn Sie etwa mithilfe der Wirkungsanalyse festgestellt haben, dass Ihr Projekt wirkt, kann eine Verbreitung – eine sogenannte Skalierung – in andere Regionen dazu beitragen, noch mehr Menschen zu erreichen und dadurch auch noch mehr Wirkung zu erzielen.
Indem Sie Ihr Projekt und Ihre Erfahrungen mit Dritten teilen, tragen Sie erheblich zur Stärkung des gemeinnützigen Sektors bei! Heute investieren Sie – morgen profitieren Sie womöglich davon, dass andere Sie an ihrem Wissen teilhaben lassen.
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Wissen teilen, Projekte verbreiten
Äußerst wertvolle Hilfe für Stiftungen und Projekte, die über eine Verbreitung wirksamer Ideen und Lösungsansätze nachdenken, bietet der Leitfaden "Gemeinsam wirken – Auf dem Weg zu einer wirkungsvollen Zusammenarbeit" der Bertelsmann Stiftung.
Zwei gute Gründe sprechen für die Verbreitung wirksamer Projekte:
- Sie schonen Ressourcen: Dieselbe Lösung für dasselbe Problem immer wieder neu zu entwickeln, kostet Mittel, die an anderer Stelle gewinnbringender investiert wären. Wenn bewährte Ansätze übernommen werden, sparen sich alle Beteiligten Umwege und Kosten für die Projektentwicklung.
- Gemeinsam erreichen Sie mehr: Werden Leuchtturmprojekte an mehreren Orten und gemeinsam mit PartnerInnen umgesetzt, ergeben sich erhebliche Synergie- und Lerneffekte. So wird das Projekt qualitativ noch erfolgreicher. Und anpassungsfähige Projekte mit hoher Wirksamkeit – das ist es, was die Zivilgesellschaft braucht!

Wenn Sie mit einer Verbreitung Ihres Projekts liebäugeln, sollten Sie sich zunächst folgenden Fragen widmen:
- Bedarf: Gibt es auch an anderen Orten einen Bedarf für das Projekt und die Bereitschaft, Geld und Zeit in das Projekt zu investieren?
- Überzeugung und Bereitschaft: Haben Sie selbst die Bereitschaft und die notwendige Erfahrung, um Ihr Projekt zu transferieren? Hat Ihre Organisation die personellen und finanziellen Ressourcen für einen Transfer?
- Erfolgreiches Modell: Kennen Sie die wichtigsten Faktoren für den Erfolg des Projektes? Ist Ihr Projektkonzept so einfach und standardisierbar, dass es von anderen Personen und in anderen Regionen realisiert werden kann? Können Sie die Wirksamkeit und den Erfolg des Projektes überzeugend (!) nachweisen?
Die letzte Frage bezieht sich darauf, dass sich längst nicht jedes erfolgreiche Projekt für eine Verbreitung eignet. Um herauszufinden, ob und inwiefern Ihr Projekt zur Skalierung taugt, müssen Sie die Wirkungslogik Ihres Projektes bemühen und die Ergebnisse der Wirkungsanalyse zurate ziehen:
- Worin besteht das Problem, das Sie lösen möchten?
- Wie lösen Sie das Problem mit Blick auf die Zielgruppe? Welche Kriterien sind entscheidend dafür, dass das Projekt bei einer bestimmten Teilzielgruppe wirkt?
- Wodurch können Sie nachweisen, dass das Projekt auch andernorts erfolgreich und wirksam sein kann?
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Arbeitshilfen
Für erste Überlegungen hinsichtlich der Ziele, Aufgaben und Ressourcen beim Projekttransfer helfen Ihnen diese beiden Checklisten: Checklisten Projekttransfer (PDF).
- Was sind entscheidende (ortsgebundene) Erfolgsfaktoren? Welche Qualitätskriterien müssen vorliegen, um das Projekt bestmöglich zu skalieren?
Erst, wenn Sie hierauf belastbare Antworten gefunden haben, lohnt es sich, über eine Skalierung nachzudenken. Merke: Ohne Wirkungslogik kein Projekttransfer!
Kleiner Exkurs: Gemeinsam Wirken
Wenn verschiedene Akteure miteinander arbeiten, kann daraus etwas sehr wertvolles entstehen – für die beteiligten PartnerInnen sowieso, aber auch für die Zielgruppen und die gesamte Gesellschaft. Voraussetzung dafür ist, dass die Organisationen wirklich gemeinsam wirken – also nicht nur irgendwie miteinander kooperieren, sondern zielgerichtet, systematisch und gegebenenfalls sogar sektorübergreifend mit anderen AkteurInnen darauf hinarbeiten, zusammen ein soziales Problem zu beheben.
Der Ansatz des Gemeinsamen Wirkens stammt aus den USA, wo er als Collective Impact bekannt ist. Er folgt der Idee, dass komplexe gesellschaftliche Aufgaben sich nur bewältigen lassen, wenn alle systemrelevanten AkteurInnen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten.
Das Konzept setzt darauf, dass sich AkteurInnen aus unterschiedlichen Bereichen vernetzen und verbindlich auf gemeinsame Ziele einigen, um durch die Zusammenarbeit die Wirkung zu vervielfachen.
Auch in Deutschland gibt es auf lokaler Ebene inzwischen viele erfolgreiche Projekte, bei denen unterschiedliche AkteurInnen an einem Strang ziehen, etwa im Bereich der Flüchtlingshilfe. Ausführlich beschrieben wird das Konzept im oben genannten Ratgeber der Bertelsmann Stiftung.
Verbreitungsmethoden
Wenn es darum geht, möglichst viele Menschen mit Ihrem Projekt zu erreichen, können unterschiedliche Wege zum Ziel führen: Sie können ein Handbuch erstellen und es kostenlos ins Internet stellen, Sie können das Projekt über Kooperationsverträge an PartnerInnen weitergeben oder Sie transferieren es selbst in andere Regionen.
Welche Strategie die richtige ist, finden Sie anhand der folgenden Fragen heraus:
- Sind Sie bereit, Ihren Ansatz mit anderen zu teilen und damit notwendigerweise auch Kontrolle abzugeben? Oder ist es für Sie wesentlich, die uneingeschränkte Kontrolle über den Projektansatz und dessen Umsetzung zu behalten?
- Wie viel Zeit und Geld können Sie investieren? – Jeder Projekttransfer hat seine Kosten: Handbücher müssen geschrieben, neue PartnerInnen gefunden, Verträge geschlossen werden. Auch wenn sich die Transferkosten nicht auf Euro und Cents im Voraus berechnen lassen, so ist die Frage, inwiefern Ihnen für den Projekttransfer Finanzen zur Verfügung stehen, vermutlich maßgebend für Ihre Entscheidung.
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Standards
Die Bedingungen in anderen Regionen werden vermutlich von der Situation bei Ihnen vor Ort abweichen. Wägen Sie gut ab, welche Qualitätsstandards unabdingbar sind und welche nicht.
Im Allgemeinen gilt: Je einfacher und standardisierter ein Projekt ist, desto eher eignet es sich für eine Verbreitung.
Mit den Antworten auf diese beiden Fragen können Sie die passende Verbreitungsstrategie in der folgenden Matrix auswählen:
Zur Erläuterung: "Wissenstransfer" und "Kooperation mit Verträgen" beziehen sich auf die Weitergabe des Projekts an andere. "Kapazitätserweiterung" und "strategische Ausdehnung" hingegen beziehen sich auf die Verbreitung innerhalb der Organisation.
Die Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden im Detail:
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Wissenstransfer
Wenn Sie Ihr Projekt durch Wissenstransfer verbreiten, heißt das, dass Sie Ihr Projektkonzept anderen Organisationen frei zur Verfügung stellen. Diese setzen das Konzept dann eigenverantwortlich in vergleichbarer Form bei sich vor Ort um; Sie selbst beraten die Projektnehmenden allenfalls bei der Implementierung.
Diese Form der Skalierung ist im gemeinnützigen Sektor stark verbreitet. Sie ist kostengünstig und ermöglicht eine schnelle Verbreitung und optimale Anpassungsmöglichkeiten des Konzepts an lokale Gegebenheiten. Dafür bietet sie den Projektgebenden aber kaum Kontrollmöglichkeiten.
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Kooperation mit Verträgen
Sie können Ihr Projekt auch mittels Kooperationsverträgen weitergeben. Unterschieden werden vier Vertragstypen: Weitergabe innerhalb von Netzwerkverbänden, Lizenz-, Social-Franchise- oder Joint-Venture-Verträge.
Die Verträge regeln gegenseitige Rechte und Pflichten, z.B. die Bereitstellung von Ressourcen und Know-how durch die projektgebende Organisation oder Berichtspflichten, Lizenzkosten und Qualitätsstandards für diejenigen, die das Projekt umsetzen.
Bei Kooperationen mittels Verträgen kann die projektgebende Organisation stärker gestalten, gleichzeitig erfordert die Kooperation standardisierte Abläufe, die häufig kostenintensiv sind und weniger Spielräume für lokale Anpassungen lassen.
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Kapazitäten in einer Region erweitern
Ein Projekt zu verbreiten muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass Sie Ihren Ansatz weitergeben. Vielleicht möchten Sie die Wirksamkeit Ihres Projekts in einer Region vergrößern, in der Sie bereits tätig sind, und zwar ohne gleich an eine überregionale Verbreitung zu denken.
Viele Projekte tun genau das: regional wachsen – also zunächst an einem Standort – und bestehende Prozesse und Strukturen optimieren, sodass mit der gleichen Menge an Ressourcen mehr Menschen erreicht werden. Um erst, wenn das funktioniert, kontrolliert ins Überregionale zu wachsen. Dieses Vorgehen birgt ein hohes Maß an Kontroll- und Gestaltungsmöglichkeiten.
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Strategische Ausdehnung
Um mehr Menschen auch in anderen Regionen zu erreichen, können Sie auch Filialen Ihrer Organisation an anderen Standorten eröffnen.
Eine strategische Ausdehnung eines Projekts kann auch bedeuten, dass Sie Ihre Aktivitäten auf andere Zielgruppen ausdehnen oder um ergänzende Angebote erweitern.
Unabhängig davon, für welche Verbreitungsmethode Sie sich entscheiden, ist eines ganz wesentlich: Die Haltung, mit der Sie dabei zu Werke gehen.

Skalierung – eine Frage der Haltung
Projekte zu verbreiten bedeutet häufig auch, sich öffnen zu müssen, auf andere AkteurInnen zuzugehen und das eigene Interesse nicht über die Interessen anderer zu stellen.
Im Falle einer Kooperation etwa erfordert eine auf beiderseitigen Gewinn ausgerichtete Zusammenarbeit, sowohl den eigenen Vorteil als auch den der Partnerorganisation im Blick zu behalten – also die jeweiligen Wünsche angemessen zu berücksichtigen, ohne dabei die Wirkungsziele im Ganzen oder zentrale Qualitätsstandards aus den Augen zu verlieren.
Natürlich ist das ein Balanceakt, der nicht nur Qualitäten im Projektmanagement erfordert, sondern auch reichlich diplomatisches Geschick. Genauso wahr ist aber auch, dass gelungene Kooperationen erheblich zum Renommee aller Beteiligten beitragen. Organisationen, die gemeinsam mit anderen komplexe Projekte bewältigen, schärfen ihr Profil und machen sich gegenüber potenziellen GeberInnen attraktiv.
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Skalierung per Handbuch
Der Erfolg von PAFF spricht sich herum, denn erfolgreiche Lösungen gegen Jugendarbeitslosigkeit sind auch andernorts gefragt. Mehr und mehr Kooperationsanfragen landen bei PAFF.
Gemeinsam mit dem Vorstand überlegt die Projektleitung, wie sie mit den Anfragen umgeht: Einerseits soll PAFF in möglichst vielen Regionen eigenständig angeboten werden, andererseits ist dem Vorstand wichtig, die Qualität sicherzustellen.
Mangels Zeit und Geld entscheidet sich der Vorstand dafür, ein ausführliches Handbuch zu schreiben, mithilfe dessen er das Wissen weitergibt. Hierfür kommen ihm vor allem die Ergebnisse aus der Wirkungsanalyse zupass, in der die wichtigsten Erfahrungen und Qualitätsaspekte dokumentiert sind.
In der Folge wird das Projekt PAFF nun auch von anderen Organisationen und an anderen Orten angeboten. Einmal jährlich treffen sich alle "Franchise"-PartnerInnen mit dem PAFF-Team zum Erfahrungsaustausch. Das Wissen wird dokumentiert und allen Interessierten zur Verfügung gestellt.
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